Wer Risiken kennt, lebt sicherer – diese Erkenntnis lässt sich auch auf den Straßenverkehr übertragen. Laut Statistik sind es vor allem Fahranfänger, die immer wieder Unfälle verursachen. Grund hierfür ist vor allem fehlende Fahrerfahrung. Ein Fahrsicherheitstraining kann helfen, kritische Situationen im Straßenverkehr frühzeitig zu erkennen und sicher zu meistern. Durch das Proben von Gefahrensituationen bekommen junge Autofahrer außerdem mehr Selbstvertrauen.
2019 gab es in Deutschland mehr als 2.000 Verkehrstote. Fast drei Viertel von ihnen starben durch einen Unfall mit PKW-Beteiligung. Besonders besorgniserregend in der Verkehrsunfallstatistik Niedersachsens, ebenfalls aus dem Jahr 2019: Die Zahl der jungen Todesopfer stieg um 63 Prozent. Im Corona-Jahr 2020 sank die Zahl der Verkehrsunfälle deutschlandweit zwar wieder ein wenig, wenn es auf den Straßen kracht – und das tut es fast täglich – sind jedoch meistens Autofahrer schuld. Diese Entwicklung möchten die niedersächsischen Verkehrswachten mit einem speziellen Fahrsicherheitstraining für junge Fahrer entgegenwirken.
Der deutliche Anstieg der Todesopfer in der Gruppe der jungen Erwachsenen im Alter von 18 bis 24 Jahren bereitet uns Sorge. Jedes Opfer ist definitiv eins zu viel.Heiner Bartling, Präsident des Landesverkehrswacht Niedersachsen e.V.
Hauptursachen für Verkehrsunfälle
- Falsche Einschätzung der eigenen Fähigkeiten
- Fehlende Fahrpraxis
- Nicht angepasste Geschwindigkeit
- Vorfahrtsmissachtung
- Fehler beim Überholen und Abbiegen
- Zu geringer Abstand
- Unaufmerksamkeit und Ablenkung (z.B. durch Smartphone, fehlende Freisprechanlage)
Die Kombination aus wenig Erfahrung und Leichtsinn macht vor allem Fahranfänger zu einer Gefahr im Straßenverkehr. „Durch den Erwerb der Fahrerlaubnis haben sie die Berechtigung, ein Kraftfahrzeug zu führen, aber – wie bei allen Dingen – kommt die Erfahrung mit der Praxis und im Laufe der Zeit“, sagt Karsten Völkening, ADAC Fahrsicherheitstrainer im Fahrsicherheitszentrum Hannover/Laatzen.
Hast du erst wenige Kilometer auf dem Tacho, empfiehlt sich ein Verkehrssicherheitstraining deshalb besonders. „Hier können junge Fahrer die Situationen im gefahrlosen Schonraum testen und trainieren“, erklärt Völkening. Erfahrung komme schließlich von Erfahren. „Und das Erfahren nehmen wir hier wörtlich.“
Anders als auf der Straße kann man beim Fahrsicherheitstraining auf dem Übungsgelände an seine persönliche Grenze gehen.Lutz Dietrich, Ausbildungsbeauftragter & Praxisberater Landesverkehrswacht Niedersachsen e.V.
Vielfalt an Übungen zur Fahrsicherheit
Vom Ausweichmanöver über das Bremsen auf unterschiedlichem Bodenbelag bis hin zum Beherrschen des Autos beim Schleudern werden im Fahrsicherheitstraining verschiedene Gefahrensituationen simuliert. Aber auch ganz allgemeine Dinge, wie die richtige Blickführung sowie die optimale Sitz- und Lenkradhaltung werden dir vermittelt.
Du lernst, auf unterschiedlichen Bodenhaftungen zum Stehen zu kommen und musst ausweichen, wenn der Bremsweg nicht mehr ausreicht. Im Fahrsicherheitstraining gehst du ans Limit, bedeutet: Du bringst dein Fahrzeug auch mal absichtlich dazu, auszubrechen, um es dann wieder abzufangen. „Es können Situationen erfahren werden, die im realen Straßenverkehr besser nicht ausprobiert werden sollten“, sagt Fahrsicherheitstrainer Völkening.
Ziele des Fahrsicherheitstrainings
Während des meist achtstündigen Trainings lautet die Devise: Ausprobieren statt Angst. Mit einem Fahrtrainer an deiner Seite hast du nicht nur die Möglichkeit, Informationen zu Fahrzeug und Fahrphysik zu bekommen, sondern vor allem Erfahrung auszutauschen. Umso sicherer kannst du später in Notsituationen reagieren oder diese frühzeitig erkennen und sogar verhindern. Denn genau darum geht es: Ein Sicherheitstraining soll dein Bewusstsein für Gefahren schärfen und dich in einer vorausschauenden Fahrweise schulen. Dazu gehört auch, dass du dein eigenes Verhalten im Straßenverkehr reflektierst: Wo sind deine Gedanken beim Autofahren? Wie schnell nimmst du Gefahren wahr? „Gerade bei Vielfahrern überwiegt der Automatismus. Der Wagen wird gestartet, man fährt los und denkt dabei an alles mögliche“, sagt Lutz Dietrich, Ausbildungsbeauftragter der Landesverkehrswacht Niedersachsen.
Verkehrssicherheitstrainings gibt es sowohl speziell für Jugendliche (Fahranfänger) als auch für Senioren, wobei sich in der Praxis vor allem Kurse mit einer breiten Altersspanne als sehr nachhaltig erweisen. „Allein das sich Hineinversetzen in die Probleme und Charaktere unterschiedlicher Altersgruppen sensibilisiert für mehr Akzeptanz und Miteinander im Straßenverkehr“, berichtet Lutz Dietrich.
Mehr als 90% der tödlichen Verkehrsunfälle passieren durch menschliches Verhalten. Deshalb ist es enorm wichtig, seine eigenen Fähigkeiten regelmäßig zu schulen.Sabine Tippelt, Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung im Niedersächsischen Landtag
Effekte des Fahrsicherheitstrainings
„Immer wieder hören wir von Teilnehmern, dass sie in kritischen Momenten auf der Straße die Erfahrungen des Trainings anwenden und so auch die Situationen entschärfen konnten“, berichtet Karsten Völkening.
Zwar kannst du nach einem Tag auf dem Fahrsicherheitsgelände nicht erwarten, nun vor jedem Unfall bewahrt zu sein, aber die Sensibilisierung hilft dir, bestimmte Situationen erst gar nicht gefährlich werden zu lassen. „Wer auf einer unserer Gleitflächen die Bremswege selbst erfahren hat und sein Fahrverhalten bei Nässe und Glätte entsprechend anpasst, ist entspannter und sicherer unterwegs“, so Völkening.
Im Prinzip sollte jeder Kraftfahrer an einem Sicherheitstraining teilnehmen. Alte Hasen können ebenso etwas lernen wie Fahranfänger.Karsten Völkening, ADAC Fahrsicherheitstrainer
Gefahr und Fahrzeug richtig einschätzen
Für einen optimalen Lerneffekt absolvierst du das Fahrsicherheitstraining mit dem Auto, das du auch im Alltag nutzt. So kannst du nicht nur deine persönlichen Möglichkeiten testen, sondern auch das eigene Fahrzeug in gefährlichen Situationen besser kennenlernen. Wo in deiner Nähe das nächste Verkehrstraining stattfindet, erfährt du bei deinem zuständigen Straßenverkehrsamt.
Gefahr erkannt, Gefahr gebannt? Ganz so einfach ist es am Ende zwar nicht, aber: Wer Risiken falsch einschätzt oder gar überschätzt, begibt sich immer in größere Gefahr als derjenige, der die Gefahren kennt. Sollte es trotz Vorsicht, Training und Erfahrung doch einmal krachen, lassen sich zumindest Schäden am PKW mit der passenden Versicherung minimieren. Bei der KFZ-Versicherung der VGH erhältst du zudem einen Beitragsrabatt, wenn du am begleiteten Fahren teilgenommen hast.