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Arbeitslosigkeit: Kein Grund, sich zu schämen

Knapp 6 Prozent der Deutschen sind aktuell arbeitslos. Darunter auch immer häufiger junge Leute. In Niedersachsen haben rund 23.000 der unter 25-Jährigen keinen Job, in Bremen sind es knapp 3.700. Ein begrenztes Ausbildungsangebot für Schulabgänger und immer mehr Azubis, die nicht übernommen werden – das macht Arbeitslosigkeit zu einem realen Thema. Wir fragen nach: Was ist zu tun, wenn man plötzlich arbeitslos wird? Und gehen auf Lösungssuche: Was sind Branchen mit sicheren Jobs?

Redakteurin VGH Wiebke Knoche JetztLosleben
von Wiebke Knoche30 Juli, 2021

JetztLosleben: Zu träge, zu wählerisch, zu wenig qualifiziert – das sind typische Vorurteile gegenüber Arbeitslosen. Inwiefern sind sie berechtigt? 

Jan Phillip Lehmker Experte von der Agentur für Arbeit
Jan Phillip Lehmker, Pressesprecher Bundesagentur für Arbeit in Niedersachsen und Bremen

Jan Phillip Lehmker: Die meisten Vorurteile halten einer Überprüfung nicht stand. Wir erleben, dass die Menschen mehrheitlich arbeiten möchten. Außerdem wechselt man heutzutage häufiger seinen Job oder sogar den Beruf als noch vor ein oder zwei Generationen. Dass dazwischen kurze Zeiten von Arbeitslosigkeit liegen, wird immer normaler. 

JetztLosleben: Wie kann man in dieser Zeit mit den emotionalen Herausforderungen umgehen? 

Lehmker: Ganz wichtig: Nicht den Glauben an sich selbst verlieren! Sich zurückzuziehen wäre die schlechteste Option. Besser ist es, die freie Zeit sinnvoll zu nutzen. Zur Stellensuche natürlich, aber vielleicht auch für eine Weiterbildung oder ein Bewerbungstraining. Von der Agentur für Arbeit oder dem Jobcenter gibt es hier viele Unterstützungsmöglichkeiten. 

Plötzlich arbeitslos? Das ist jetzt zu tun:

Melde dich am besten sofort arbeitsuchend. Bist du noch in Anstellung, weißt aber bereits, dass dein Vertrag ausläuft oder die Beschäftigung endet, solltest du dich ebenfalls umgehend arbeitsuchend melden –spätestens 3 Monate, bevor dein Arbeitsverhältnis endet. Hast du kurzfristig erfahren, dass du deine Stelle verlieren wirst, solltest du dich spätestens 3 Tage danach arbeitsuchend melden. Du kannst dich online, schriftlich oder persönlich bei deiner Agentur für Arbeit arbeitsuchend melden sowie telefonisch unter der Service-Nummer 0800 4 555500 (gebührenfrei). Dort wirst du auch beraten, wie es jetzt weitergeht. 

JetztLosleben: Warum ist die Furcht vor Arbeitslosigkeit so mächtig? 

Lehmker: Auf der einen Seite sind es die Existenzängste. Viele Menschen haben irgendwann in ihrem Leben ihren eigenen Lebensstandard und wenn statt der gewohnten Summen nur noch das geringere Arbeitslosengeld zur Verfügung steht, sorgt das für finanzielle Engpässe. Auf der anderen Seite sind auch die psychosozialen Folgen nicht zu unterschätzen. Arbeitslose können sich mit zunehmender Dauer ausgegrenzt und wertlos fühlen. Wenn man nicht weiß, wie es weitergeht, ist diese Zeit der Unsicherheit nicht schön.

5 Gründe für Arbeitslosigkeit

  • dein befristeter Vertrag endet
  • deine Firma stellt ihren Betrieb ein 
  • nach dem Studium oder der Ausbildung gelingt dir der Berufseinstieg nicht direkt
  • du kündigst, weil die aktuelle Stelle nicht passt
  • dir wird gekündigt

So viel vorneweg: Dein Arbeitgeber kann dir nicht einfach so kündigen, sondern muss dafür wichtige Gründe (z.B. Arbeitsverweigerung des Arbeitnehmers, Umsatzeinbußen des Unternehmens) benennen. Hältst du die Kündigung für ungerechtfertigt, solltest du dir unbedingt Rechtsbeistand holen. Gleiches gilt, wenn es zu Streitigkeiten mit Kollegen oder deinem Vorgesetzten kommt. Ein Anwalt hilft dir, deine Interessen – im Zweifel auch vor Gericht – durchzusetzen. Da rechtliche Auseinandersetzungen allerdings schnell teuer werden können, solltest du dich frühzeitig um eine Rechtsschutzversicherung kümmern. Die übernimmt im Ernstfall einen Großteil der Kosten, sodass du auch mit finanzstarken Gegnern, wie Unternehmen, auf Augenhöhe agieren und dich zur Wehr setzen kannst. 

RechtsschutzversicherungFight for your rights!

JetztLosleben: Wie erleben Sie Menschen, die arbeitslos sind? 

Lehmker: Die Gefühle bei arbeitslosen Menschen sind sehr unterschiedlich. Manchen sehen die Arbeitslosigkeit als Chance, um neue berufliche Wege zu gehen. Sie sind guter Dinge, zügig eine neue, spannende Aufgabe wahrzunehmen. Es gibt aber auch Menschen, die gerade mit den eben angesprochenen Vorurteilen zu kämpfen haben. Sie schämen sich, arbeitslos geworden zu sein. Dabei müssen sie das nicht.

Gehe offen mit deiner Arbeitslosigkeit um!

So unterschiedlich die Menschen, so verschieden sind auch die Gründe für Arbeitslosigkeit. Vielen ist der Status „arbeitslos“ unangenehm, weshalb sie den Austausch mit anderen meiden. In Isolation zu verfallen, ist jedoch der größte Fehler, den du machen kannst. Freunde und Familie sind gerade in solchen Zeiten nicht nur eine wichtige mentale Stütze, sondern können auch echte Helfer sein: Je mehr Menschen in deinem Umfeld informiert sind, dass du einen Job suchst, desto mehr offene Augen und Ohren werden bei einer Stellenausschreibung an dich denken. Ein gutes Netzwerk ist jetzt Gold wert! 

Gehst du offen mit deiner Arbeitslosigkeit um, hast du außerdem eher die Chance, Menschen zu treffen, denen es ähnlich geht oder ging. Insbesondere der Austausch mit Leuten, die die Arbeitslosigkeit erfolgreich überstanden haben, kann dich motivieren und weiterbringen. Schäm dich nicht, sondern frage aktiv um Rat. 

JetztLosleben: Wie realistisch ist die Angst, nach dem Studium oder der Ausbildung arbeitslos zu werden? 

Lehmker: Das kann passieren, davor muss man aber keine Angst haben. Viele Unternehmen suchen Fachkräfte oder noch höher qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wenn Azubis wissen, dass sie nicht übernommen werden oder Studis zum Studienende keine Stelle haben, sollten sie sich bei der Agentur für Arbeit melden. Umso früher, desto besser. Es ist wichtig, sich frühzeitig zu melden, weil im Idealfall Arbeitslosigkeit so gar nicht erst eintritt.

Arbeitslosigkeit als Neuanfang nutzen
Arbeitslosigkeit nicht zum Tabuthema machen
Plötzlich arbeitslos tipps
Arbeitslosengeld beantragen

JetztLosleben: Gibt es bestimmte Gruppen in der Gesellschaft, die besonders gefährdet sind, in die Arbeitslosigkeit abzurutschen? 

Lehmker: Auf der einen Seite gibt es Branchen, die saisonal bedingt ihre Beschäftigten entlassen. Dazu gehören beispielsweise die Baubranche und andere Außenberufe. Hier wird in den kalten Wintermonaten nicht gearbeitet. Im Frühjahr fangen sie aber wieder an. Eine weitere Gruppe sind die Geringqualifizierten. Wer keine abgeschlossene Berufsausbildung hat, ist häufiger und länger von Arbeitslosigkeit betroffen als andere. Deshalb fördern wir gezielt Geringqualifizierte. 

3 Tipps, um Arbeitslosigkeit zu vermeiden:

  1. Investiere in Bildung: Mach eine Berufsausbildung oder schließe ein Studium ab.
  2. Bleibe up to date: Nach Studium oder Ausbildung ist nicht Schluss. Nutze Weiterbildungsangebote, um auf dem aktuellen Stand zu bleiben. 
  3. Sei engagiert: Zeigst du dich im Job motiviert und überzeugst deinen Arbeitgeber mit guter Leistung, wirst du eher beschäftigt bleiben. 

JetztLosleben: Wie lange dauert Arbeitslosigkeit im Durchschnitt an? 

Lehmker: Das ist sehr unterschiedlich und hängt von den persönlichen Rahmenbedingungen ab. Manche finden innerhalb weniger Tage einen neuen Job, anderen bleiben über 12 Monate ohne und gelten dann als langzeitarbeitslos. Zu den vielen Faktoren, die dabei eine Rolle spielen, gehören die Branche, die vorhandenen Stellenangebote, die eigene Mobilitätsbereitschaft, evtl. gesundheitliche Einschränkungen und vieles mehr.

JetztLosleben: Was sind (aktuell) sichere Branchen und Berufe? 

Lehmker: Es gibt Berufe und Branchen, in denen verstärkt Fachkräfte gesucht werden. Dazu gehören die Pflegeberufe aber auch MINT-Berufe, also Jobs aus den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Auch im Handwerk werden dringend Nachwuchskräfte gesucht. Regional gibt es natürlich große Unterschiede. Hier ist der Blick in die Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit empfehlenswert. Einfach den Ort eingrenzen und schon sieht man, welche Stellen gerade ausgeschrieben sind. 

Das steht dir zu, wenn du arbeitslos wirst

Die Agentur für Arbeit oder das Jobcenter unterstützen dich, wenn du arbeitslos wirst. Du bekommst dort Hilfe bei der Jobsuche oder erhältst Angebote für Weiterbildungen, wenn du dich weiterentwickeln möchtest. Hast du einen Anspruch auf Arbeitslosengeld, erhältst du 60 Prozent deines Nettogehalts. Hast du Kinder, kommst du auf rund 67 Prozent – abhängig von der jeweiligen Steuerklasse. 

Wer vom Arbeitslosengeld nicht leben kann, kann zusätzlich Arbeitslosengeld II vom Jobcenter bekommen (umgangssprachlich „Hartz IV“ genannt). Auch wer keinen Anspruch auf das Arbeitslosengeld hat und seinen Lebensunterhalt nicht selbst sichern kann, kann Arbeitslosengeld II beim Jobcenter beantragen. Hier erfährst du, wie du Arbeitslosengeld online beantragen kannst. 

Die Unterscheidung im Überblick:

Du kannst bei der Agentur für Arbeit Arbeitslosengeld beantragen, wenn…

  • du in den 30 Monaten vor der Arbeitslosmeldung mindestens 12 Monate versicherungspflichtig warst oder
  • in den 30 Monaten zusammengerechnet mindestens 6 Monate versicherungspflichtig beschäftigt warst, wobei die meisten Stellen befristet waren (auf höchstens 14 Wochen)

Du kannst beim Jobcenter Arbeitslosengeld II beantragen, wenn 

  • du arbeitslos bist und keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld hast
  • dein Anspruch auf Arbeitslosengeld demnächst endet und du weiterhin hilfebedürftig bist
  • du arbeitest, aber dein Verdienst nicht für deinen Lebensunterhalt (und den deiner Familie) reicht

JetztLosleben: Wie gelingt die Rückkehr in den Job? 

Lehmker: Das Zauberwort heißt: Bewerben, bewerben, bewerben. Und nicht aufgeben, wenn eine Absage kommt. Auch für die Menschen, die in ihrem alten Beruf nicht mehr arbeiten können oder wollen, gibt es viele Möglichkeiten wie zum Beispiel eine Umschulung. Entscheidend ist, was die Person möchte. Wir schauen dann gemeinsam, was der beste Weg ist und suchen zusammen nach der passenden Stelle.

JetztLosleben: Vielen Dank für das Gespräch und die spannenden Infos!

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