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Gewerkschaften & Streikrecht: Kampf um Lohnerhöhung: Was ist erlaubt, worauf kommt es beim Streiken an?

Die Bahn fährt mal wieder nicht, auch im Öffentlichen Dienst hat alles geschlossen. Es wird gestreikt. Das kann ganz schön nervig sein, ist aber wichtig. Denn es geht darum, dass Arbeitnehmer sich für mehr Geld und bessere Arbeitsbedingungen einsetzen. Doch warum ist das notwendig? Wer darf überhaupt streiken, wer nicht – und was ist im Rahmen eines Streiks alles erlaubt?

von Fabienne Günther5 März, 2024

Ob Bus- und Bahnstreik, Kita und Pflegeheim, Post und Teile des Einzelhandels – wenn du das Gefühl hast, dass in letzter Zeit fast immer irgendwo gestreikt wird und es deutlich öfter zu Ausfällen kommt, als in den vergangenen Jahren, könntest du richtig liegen. Und das hat gleich mehrere Gründe.

Zum einen macht die Inflation vielen Arbeitnehmern zu schaffen. Nachdem die durchschnittliche Teuerungsrate über Jahrzehnte ziemlich stabil bei rund zwei Prozent lag, ist sie aktuell mit mehr als sieben Prozent für deutsche Verhältnisse ungewohnt hoch. Das ist zwar kein Vergleich zu manch anderen Ländern wie beispielsweise der Türkei, wo die Inflationsrate zuletzt zeitweise bei achtzig Prozent lag. Trotzdem spürt jeder von uns die Teuerungen.

„Die Arbeitskämpfe werden ernster, weil durch die steigende Inflationsrate der Druck auf die Arbeitnehmer zunimmt und die Arbeitgeberverbände nur bedingt bereit sind, für Ausgleich zu sorgen“, bestätigt Lutz Zindler, der bei der VGH Personalratsvorsitzender und Teil der Tarifkommission bei der Gewerkschaft Verdi ist. Wobei man dazu anmerken muss, dass es auch anders geht: Es existieren durchaus Unternehmen, die ihren Mitarbeitern mit höheren Löhnen und erleichterten Arbeitsbedingungen entgegenkommen und die zum Beispiel problemlos Homeoffice ermöglichen. 

Teile der Mittelschicht müssen deswegen den Gürtel enger schnallen. Am stärksten betroffen sind Menschen mit niedrigem Einkommen. Das liegt daran, dass vor allem unvermeidbare Posten wie Energie und Lebensmittel am heftigsten im Preis gestiegen sind. Und wer wenig Geld zur Verfügung hat, der gibt genau dafür am meisten aus. Das führt dazu, dass die individuelle Inflation von Geringverdienern oft deutlich höher ist als im Landesdurchschnitt. Da können es durchaus auch mal zwanzig oder dreißig Prozent und in Extremfällen sogar noch mehr sein. 

Arbeitnehmer und Gewerkschaften in starker Position

Einen kleinen Teil davon kompensiert der Staat durch Hilfen aus Steuergeldern. Zum Beispiel mit der Energiepreisbremse, die verhindern soll, dass die Kosten für Endverbraucher zu sehr ausufern. Oder mit dem 49-Euro-Ticket, wodurch Mobilität im öffentlichen Nahverkehr spürbar günstiger wird. Aber unterm Strich reicht das für viele Bürger kaum aus, um ihren Lebensstandard zu halten und die Inflation abzufedern. 

Ein weiterer Grund, aus dem aktuell so oft gestreikt wird, ist die starke Position, in der die Arbeitnehmer und mit ihnen die Gewerkschaften sich gerade befinden. Denn aufgrund des Fachkräftemangels und eines nahezu leergefegten Arbeitsmarktes haben viele Unternehmen echte Probleme, neues Personal zu finden. Folglich können sie es sich kaum leisten, Arbeitnehmer an die Konkurrenz zu verlieren. Sie müssen sich anstrengen, um ihre Mitarbeiter zu halten bzw. bei der Suche nach neuem Personal höhere Löhne und bessere Bedingungen anbieten. Ob das letztlich funktioniert, ist aber von Branche zu Branche unterschiedlich.

Die Rechtslage ist zwar klar, das bedeutet aber nicht, dass es nicht auch zu Missverständnissen und Fehlern kommen kann, die im Zweifel vor Gericht landen – wenn auch das sehr selten ist. In dem Fall ist es sinnvoll, über eine Berufsrechtsschutzversicherung abgesichert zu sein, denn juristische Auseinandersetzungen können teuer werden.

BerufsrechtsschutzversicherungOb kleiner oder großer Konflikt – Auseinandersetzungen vor Gericht kosten oft viel Geld.

Warum Gewerkschaften? 

Wozu braucht es überhaupt Gewerkschaften? Immerhin gibt es den Mindestlohn sowie festgelegte Lohntarife für viele Branchen. Ist damit nicht alles gut? Leider nein. Zwar kann in der Theorie jeder Arbeitnehmer sein Gehalt frei mit dem Arbeitgeber aushandeln. Tatsächlich sitzen die Arbeitgeber aber in vielen Branchen am längeren Hebel. Dass Löhne zum Beispiel durch unbezahlte Überstunden gedrückt werden oder Arbeitnehmer sich vor Jobverlust fürchten müssen, wenn sie zu viel Geld verlangen, ist leider noch immer keine Seltenheit vor allem in den unteren Lohngruppen. Gewerkschaften, in denen möglichst viele Arbeitnehmer organisiert sind, haben im Gegensatz zum Einzelkämpfer ganz andere Mittel, Druck auf die Arbeitgeberseite auszuüben und sie an den Verhandlungstisch zu zwingen – zum Beispiel den Streik. Mit vereinten Kräften lässt sich mehr erreichen. Heute ist nur eine Minderheit der Arbeitnehmer gewerkschaftlich organisiert. Waren es vor vierzig Jahren noch mehr als ein Drittel, sind es heute weniger als ein Fünftel. Zum Vergleich: In Norwegen sind mehr als drei Viertel aller Arbeitnehmer in einer Gewerkschaft.  

Streikrecht: Wann kann gestreikt werden?

Die Voraussetzung für einen Streik, das schärfste Schwert der Arbeitnehmer, ist die Kündigung des laufenden Tarifvertrags und die Verhandlung eines neuen, erläutert Lutz Zindler: „Während der Verhandlungstermine gilt eine Friedenspflicht. Warnstreiks sind möglich, wenn der Kündigungstermin ohne Einigung überschritten wird. Und wenn keine Einigung erzielt wird, kann gestreikt werden.“

Das heißt: Mit einem kurzen Warnstreik während der Tarifverhandlungen können die Arbeitnehmer klarstellen, dass es ihnen ernst ist. Bei einem Scheitern der Verhandlungen kann dann ein richtiger, länger andauernder Streik Druck ausüben. Aber was ist, wenn es keinen Tarifvertrag im Unternehmen gibt? „Dann kann die Gewerkschaft versuchen, auf einen Haustarifvertrag hinzuwirken, auch da ist Streik ein Mittel“, erklärt Zindler.  

Wer darf streiken, wer nicht?

Aber wer darf überhaupt einen Streik organisieren, wer darf dran teilnehmen? Das ist relativ einfach. Nicht streiken dürfen Beamte. Sämtliche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dürfen sich hingegen an einem Streik beteiligen. Ob sie Mitglied einer Gewerkschaft sind, ist dafür nicht wichtig. Allerdings darf nicht jeder einen Streik organisieren. Du kannst also nicht einfach eigenmächtig die Arbeit niederlegen, wenn dein Chef dir die Gehaltserhöhung verweigert, und sagen: Dann streike ich halt!

Ein Streik muss immer gewerkschaftlich organisiert und verkündet werden und sich in einem klar definierten Rahmen bewegen. „Man sollte dem Chef mitteilen, dass man am Streik teilnimmt, das ist wichtig“, fügt Lutz Zindler hinzu. Wenn das gegeben ist, hat man auch nichts zu befürchten, denn gegen einen solchen legalen Streik kann der Arbeitgeber nichts machen. Es dürfen den Teilnehmenden keine Nachteile entstehen. Dazu gibt es mehrere Gerichtsurteile. Was aber wichtig zu wissen ist: Für die Zeit des Streiks erhält man vom Arbeitgeber keinen Lohn. Einige Gewerkschaften kompensieren diesen Ausfall bis zu einer festgelegten Höhe. Damit soll auch sichergestellt werden, dass nicht allzu viele Mitglieder aus finanziellen Gründen nicht am Streik teilnehmen. 

„Ob man dann zur Demo geht oder zu Hause bleibt, ist jedem selbst überlassen“, sagt Lutz Zindler, „aber natürlich ist es sinnvoll, sich an den Aktionen der Gewerkschaft aktiv zu beteiligen. Ziel ist immer, dass möglichst viele Kollegen mitmachen und es kaum Streikbrecher gibt. Denn je weniger sich beteiligen, desto geringer ist der Erfolg.“ Das bedeutet aber auch: Die Teilnahme am Streik ist freiwillig. Wer nicht mitmacht, so genannte Streikbrecher, hat nichts zu befürchten.“

Aber ist man nicht auch als Gewerkschafter manchmal von den vielen Streiks genervt? „Natürlich kann ich verstehen, wenn jemand genervt ist“, sagt Lutz Zindler. „Das geht mir ja nicht anders. Wenn zum Beispiel die Bahn nicht fährt und ich umplanen muss, ist das blöd. Aber ich habe trotzdem Verständnis, denn ich weiß ja, dass die Streikenden sich dafür einsetzen, dass es ihnen und den Kollegen besser geht.“

Das Leben in vollen Zügen genießen

Nicht nur an Streiktagen kommt die Bahn manchmal zu spät. Was zu tun ist, wenn dein Zug eine Riesen-Verspätung hat oder gar nicht erst abfährt, erklären dir Lynn und Kalle bei How2.

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