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Toxische Beziehung erkennen: Zu viel Liebe ist nicht gut? Von Lovebombing zu Gaslighting

„Glaubst du, dass es immer so ist, dass man von dem anfänglichen Bild einer Person geblendet ist und erst zu spät merkt, dass die Person selbst ganz anders ist?“, hat mich eine Freundin mal gefragt. Klar, wir doktern in der Kennenlernphase alle ein wenig an uns herum – geben uns vielleicht ein bisschen cooler, ein bisschen aufregender, als wir eigentlich sind. Was sie meinte, war jedoch ein „böses Erwachen“. Dieser Moment, in dem man bemerkt, dass die Person, mit der man sein Leben gerade teilt, vielleicht nicht nur weniger entspannt ist, als man ursprünglich dachte, sondern zur Belastung wird. Natürlich sollte das nicht die Regel sein.

Redakteurin Annika Adler
von Annika Adler5 Mai, 2022

Dass meine Freundin trotzdem das Gefühl hatte, dieses böse Erwachen sei normal und sie würde eventuell sogar ihren Teil dazu beitragen, ist ganz typisch für eine toxische Beziehung. Die Grenzen verlaufen fließend, irgendwann wissen wir nicht mehr, wo hinten und vorne ist. Erst wenn wir unseren ganzen Handlungsspielraum ausgeschöpft haben, alles getan haben, was wir konnten und selbst nur noch leiden, wird uns vielleicht bewusst, dass es gar nicht an uns liegt.

Was bedeutet eigentlich toxisch?

Das Wort toxisch ist heute eine inflationär verwendete Instagram-Vokabel – gerne genutzt, um alle Menschen abzutun, die uns aus dem einen oder anderen Grund gegen den Strich gehen. Nicht alle davon verdienen dieses Label (zum Glück). 

“Toxisch” bedeutet giftig. Eine toxische Beziehung meint eine Partner- oder auch Freundschaft, die unterm Strich mehr Energie raubt als sie gibt, weil eine Person ihre Bedürfnisse dauerhaft über die der anderen stellt. Bestimmte Verhaltensweisen sorgen dafür, dass eine Person in der Beziehung Stück für Stück „vergiftet“ wird.

Das muss nicht unbedingt aus einer bösen Absicht heraus passieren. Nicht selten ist dem toxischen Part der Beziehung nicht einmal bewusst, was er da tut – schließlich möchte niemand gerne in dem Wissen leben, dass man einen geliebten Menschen schlecht behandelt. Doch die Konsequenzen sind deshalb nicht weniger schwerwiegend: Lebensglück, Selbstwertgefühl und Psyche des anderen nehmen Schaden. Gleichzeitig ist es schwer, sich aus dieser schädlichen Bindung zu lösen. ⁠

Anzeichen einer toxischen Beziehung

Auch ständige Streits oder ein immer wiederkehrendes Problem ohne Lösung können uns in einer Partnerschaft belasten. Doch es gibt bestimmte Anzeichen dafür, dass du dich in einer toxischen Beziehung und nicht nur in einer schlechten Phase befindest:

Ständiges Auf und Ab

Es scheint nur noch Extreme in der Beziehung zu geben. Zwischen Streits und Diskussionen seid ihr total verliebt ineinander, einen ausgeglichenen Alltag gibt es jedoch selten bis gar nicht. Häufig kippt die Stimmung innerhalb weniger Sekunden – kleinste Auslöser können zu den größten Auseinandersetzungen führen. Ein Gefühl von Sicherheit und Ruhe wird deshalb von ständiger Alarmbereitschaft abgelöst.

Angst, Bedürfnisse zu kommunizieren

Diese Angst, den nächsten Streit vom Zaun zu brechen, sorgt dafür, dass Gefühle, Bedürfnisse und Meinungen zurückgehalten werden. Du möchtest möglichst wenig Grund für Diskussionen liefern, fühlst dich in der Verantwortung, die Harmonie aufrecht zu halten. Zu sehen, dass das Kommunizieren der eigenen Bedürfnisse den Partner verärgert oder dir Gefühle abgesprochen werden, sorgt dafür, dass du selbst in der Prioritätenliste immer weiter nach unten rückst.

Verlust von Lebensfreude

Wer mit der Zeit lernt, sich für seine eigenen Emotionen zu schämen und sie deshalb tief in sich versteckt, dem kann es nie wirklich gut gehen. Wenn du in der Beziehung nur damit beschäftigt bist, den Frieden zu bewahren und dafür ständig zurücksteckst, wirkt sich das auch auf andere Bereiche deines Lebens aus. All diese Arbeit zieht Energie und lässt dich kraftlos zurück. Du investierst keine Zeit mehr in dich und deine Selbstfürsorge – Entspannung, Glück oder Motivation empfindest du nur selten.

Isolation

Eine toxische Beziehung kann dazu führen, dass du dich aus deinem Sozialleben zurückziehst. Alle Kapazitäten werden in die Beziehung gesteckt, es ist kaum Zeit und Energie übrig für die Pflege anderer sozialer Kontakte. Gleichzeitig sind die Ansprüche des Partners häufig hoch, er verlangt immer miteinbezogen zu werden oder äußert Missgunst gegenüber deinen Freunden. Dadurch wirst du zusätzlich isoliert.

Abhängigkeit

Durch diese Form des Rückzugs wird die Abhängigkeit innerhalb der Beziehung weiter verstärkt. Während es eigentlich um die Bedürfnisse beider Partner gehen sollte, geht es in einer toxischen Beziehung meist sehr einseitig zu. Wünsche und Meinungen werden an eine Person angepasst, die die Entscheidungen trifft und Kontrolle ausübt. Währenddessen verliert der andere den Bezug zu seinen eigenen Werten und seiner Identität. Dadurch, dass du alles nach den Launen deines Partners ausrichtest, bestimmen diese dein Wohlbefinden. So gibt es nach und nach nur noch ein Wir – keine zwei Individuen, die auf Augenhöhe sind und sich auch trennen können. Besonders deshalb fällt das Beenden einer solchen toxischen Beziehung häufig sehr schwer.

Auch toxische Freunde können dafür sorgen, dass wir uns isoliert und verunsichert fühlen. Telefon-Terror, Nachstellen oder das Nicht-Verlassen deiner Wohnung bauen Angst und Druck auf, um dich länger in der Freundschaft zu halten, als dir guttut. Doch hier werden nicht nur deine Grenzen missachtet, sondern auch deine Rechte. Bei solchen Auseinandersetzungen ist es besonders wichtig, einen starken Partner an der Seite zu haben. Mit einer Rechtsschutzversicherung bekommst du professionelle Unterstützung dabei, deine Interessen, z.B. bei Unterlassungsansprüchen gegenüber toxischen Freunden, durchzusetzen – vor Gericht oder erst mal am Rechtsschutz-Telefon.

RechtsschutzversicherungSo stehst du nie allein da.

3 Arten von toxischem Verhalten: Red Flags

Glücklicherweise gibt es wesentlich weniger Partnerschaften, die diese Kriterien erfüllen, als es die sozialen Medien vielleicht vermuten lassen. Doch auch ganz normale Beziehungen können toxische Elemente besitzen, die sich häufig unbewusst auf Kommunikation und Glück auswirken. Es lohnt sich entsprechend, ein besonderes Augenmerk auf diese Verhaltensweisen zu legen, um sie möglichst früh erkennen und abbauen zu können.

Wenn du dich noch in der Datingphase befindest, sollten bei diesen Red Flags deine Alarmglocken schrillen – sonst könnte es sein, dass du dich früher oder später in einer toxischen Beziehung wiederfindest.

Definition: Red Flag

Der Begriff Red Flag kommt eigentlich aus der Medizin. Gemeint sind damit klare Alarmsignale, die auf eine bestimmte Krankheit oder ein medizinisches Vorkommnis wie z.B. einen Schlaganfall hindeuten können. Übertragen aufs Zwischenmenschliche meint der Ausdruck Warnzeichen, die ein Hinweis auf toxisches Verhalten deines Gegenübers sein können. Häufig sind Tendenzen bereits beim Dating vorhanden, werden aufgrund von Manipulation und Unterschwelligkeit aber nicht immer erkannt. Umso wichtiger ist es, im Vorhinein über Red Flags Bescheid zu wissen.

1. Love Bombing

Mit Liebe bombardiert zu werden, klingt erst mal nicht schlecht. Schließlich wünschen wir uns alle Zuneigung und Aufmerksamkeit, anstatt auf „gelesen“ festzuhängen. Doch beim Love Bombing werden diese Dinge benutzt, um eine Abhängigkeit zu schaffen und den Partner zu manipulieren.

Es beginnt mit einer totalen Idealisierung und Spiegelung des Gegenübers. Aussagen und Gesten sind oft unverhältnismäßig, die toxische Person gibt vor, alle Neigungen und Meinungen zu teilen.

Doch Liebe gibt es nur so lange, wie der Partner bestimmten Vorstellungen entspricht. Kleine „Fehltritte“ sorgen dafür, dass das Ganze ins Gegenteil umschlägt, und werden mit Distanz oder Erniedrigung bestraft.

In einigen Fällen triggert die eine Seite sogar bewusst Unsicherheiten und Ängste, um dann „den Helden zu spielen“. Sie kümmert sich, bindet den Partner emotional an sich und gibt ihm das Gefühl, die einzige Person zu sein, die ihn mit all seinen Fehlern liebt. Häufig stecken Abwertung und Komplimente dann bereits im selben Satz, z.B.: „Das schon echt peinlich, dass du das cool findest. Hätte gar nicht gedacht, dass ich mich mal in einen Nerd verliebe.“

2. Gaslighting

Gaslighting ist eine weitere Form der verdeckten emotionalen und psychisch missbräuchlichen Manipulation. Die Schuld für Auseinandersetzungen wird hier immer beim Gegenüber gesucht, Reaktionen werden als dramatisch abgetan, Bedürfnisse und Ängste als übertrieben oder eingebildet deklariert. Das Problem sei nicht das Verhalten des toxischen Partners, sondern die Reaktion des Gegenübers darauf.

Am Ende steht die vollständige Verunsicherung des Partners, der den Sinn für die Realität und das Vertrauen in sich selbst verliert. Er fragt sich, ob tatsächlich er das Problem in der Beziehung ist, alles falsch sieht und die ganze Zeit Fehler macht, von denen er nichts weiß. Häufig wird ihm Verhalten vorgeworfen, das eigentlich der toxische Partner in der Beziehung zeigt – zum Beispiel Egoismus. Diese Formen der Doppelmoral und Projektion sind klare Red Flags.

Wenn du mit Gaslighting zu kämpfen hast, ist es wichtig, drei Dinge im Kopf zu behalten:

  1. Bedürfnisse zu haben, bedeutet nicht, dass du „bedürftig“ bist.
  2. Auf etwas zu reagieren, heißt nicht, dass du „überreagierst“.
  3. Emotionen zu fühlen und auszudrücken, bedeutet nicht, dass du „zu emotional“ bist.

3. Dreiecksverhältnis

Jackson MacKenzie schreibt in seinem Buch „Keine Macht den Psychopathen“ von traumatischen Erfahrungen, die er in Beziehungen erlebt hat. Eines der Anzeichen eines toxischen Menschen nennt er das „Dreiecksverhältnis“. Gemeint ist damit, dass Dritte, wie zum Beispiel ein Expartner, gegen den aktuellen Partner ausgespielt werden. Es wird dauerhaft betont, was besonders toll oder besonders schlecht war, um unterschwellig zu suggerieren, welches Verhalten erwünscht und unerwünscht ist. Werden die Vorstellungen nicht erfüllt, wird sofort wieder der Vergleich zum Expartner gezogen. Das sorgt dafür, dass wir uns verwirrt, eifersüchtig und minderwertig fühlen.

Hat meine Beziehung noch Zukunft?

Beobachtest du diese Formen von Verhalten in deiner Beziehung, ist das natürlich kein gutes Zeichen. Trotzdem heißt es nicht, dass die gesamte Partnerschaft toxisch ist und du sie möglichst schnell beenden solltest.

Ein zentraler Punkt, auf den es dabei ankommt, ist eure Veränderungsmotivation. Sind du und dein Partner bereit, Zeit und Energie in eure eigene Entwicklung und den Umgang mit euren Problemen zu investieren? Die meisten toxischen Verhaltensweisen resultieren aus starken Unsicherheiten. Das ist keine Entschuldigung, es bedeutet lediglich, dass jeder daran arbeiten kann und muss, wenn sich eine gesunde Beziehung entwickeln soll.

Doch damit das funktioniert, braucht es die Einsicht, dass Aspekte des eigenen Verhaltens nicht okay sind und dem Partner schaden können. Ist diese Einsicht nicht vorhanden oder dein Partner scheint seinen Worten keine Taten folgen zu lassen, ist eine Trennung vermutlich die gesündere Entscheidung.

Generell sollte es dein Ziel sein, eine Beziehung zu führen, die dich öfter glücklich als unglücklich macht. Die dir Energie gibt und nicht raubt oder verhindert, dass du bestimmte Ziele in deinem Leben ansteuern oder erreichen kannst. Eine Beziehung, in der beide Partner das Beste füreinander wollen und dabei auf Augenhöhe Kompromisse eingehen können. Dieses Mindestmaß hat jede Person verdient – wer dir ein anderes Gefühl gibt, sollte auf Dauer nicht Teil deines Lebens sein.

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