Die Katze ist das beliebteste Haustier der Deutschen. Damit die Anzahl der Straßenkatzen jedoch nicht weiter ansteigt, ist es wichtig, aus dem Tierheim anstatt vom Züchter zu adoptieren. Bevor du dich für eine Adoption entscheidest, solltest du dir jedoch darüber im Klaren sein, ob du den zeitlichen und finanziellen Aufwand, den die Pflege einer Katze mit sich bringt, allein stemmen kannst. Um herauszufinden, welche Katze zu dir passt, musst du deine eigenen Gewohnheiten, deinen Alltag und deine Erwartungen genauer unter die Lupe nehmen. Nach der Zahlung einer Schutzgebühr und zwei Routine-Kontrollen steht eurem tierischen Glück dann nichts mehr im Weg.
Adopt, don’t shop!
Schätzungsweise mehrere Millionen Katzen leben auf Deutschlands Straßen. Die meisten von ihnen sind unterernährt oder krank. „Es gibt noch immer so viel Katzenelend“, klagt Judith Hein, Beirätin des Tierheim Buchholz in Niedersachsen. Grund dafür: nicht kastrierte, freilaufende Katzen, die sich unkontrolliert vermehren. Große, wild lebende Katzenkolonien, behinderte Tiere durch Inzucht und zahlreiche kranke Katzen seien die Folge. Mit jedem weiteren Jahr steigen die Zahlen.
Abhilfe können Kastrationen schaffen, aber auch die Adoption der Tiere stellt einen wichtigen Teil der Problemlösung dar. Dafür macht sich Judith Hein stark. „Aus unserer Sicht als Tierschutzverein sollte man die Vermehrung von Katzen nicht durch den Kauf einer Katze vom Züchter unterstützen“, erklärt sie. „In den Tierheimen sitzen so viele reizende Miezen aller Altersklassen – da sollte jeder Interessierte einen neuen Mitbewohner finden.“ Hast du also vor, einer Katze ein Zuhause zu schenken, weißt du, was du zu tun hast.
Katze adoptieren: Das solltest du beachten
Hast du dich erstmal entschieden, löst der Gedanke an den Einzug einer Katze vermutlich Wogen an Vorfreude in dir aus. Zu Recht! Allerdings solltest du die langfristigen Konsequenzen, die eine solche Adoption mit sich bringt, nicht aus den Augen verlieren.
Eine Katze bedeutet weniger Aufwand. Richtig?
Durch unsere rosa-rote Brille sehen wir vor allem zukünftige Schmuseeinheiten, wildes Gespiele und mehr Entspannung, als wir es vielleicht bei der Haltung eines Hundes erwarten. Schließlich sind Katzen unabhängig und ihre Pflege deshalb nicht so zeitintensiv. Oder? „Eine Katze bedeutet nicht unbedingt weniger Aufwand als ein Hund – der Aufwand ist eher anders“, klärt Judith Hein auf. „Natürlich muss man mit einer Katze nicht unbedingt Gassi gehen, aber beschäftigt werden möchte sie trotzdem – insbesondere, wenn sie in der Wohnung lebt.“ Das bedeutet für dich: Tricks trainieren, Jagd spielen und eine zeitintensive Phase einplanen, in der du ein enges Verhältnis zu deinem Stubentiger aufbaust.
Unterschätze nicht die Verantwortung
Natürlich bedeutet ein Haustier immer Verantwortung, das ist dir mit Sicherheit bewusst. Trotzdem mahnt die Expertin: „Man sollte sich fragen, ob man bereit ist, eine solche Verantwortung für ein Tier auch über viele Jahre zu übernehmen – eine Katze kann über zwanzig Jahre alt werden.“ Zwanzig Jahre, das ist eine ganze Weile. Denk mal darüber nach, wie alt du dann sein wirst. Was möchtest du bis dahin erreicht haben, was hast du dir vorgenommen? Und lassen sich deine Pläne mit der Haltung einer Fellnase vereinbaren?
Das sind Gedanken, die du dir ganz bewusst machen solltest, bevor du eine Katze adoptierst. Sicherlich wirst du nicht vorhaben, die nächsten zwanzig Jahre in deiner Bude zu hocken. Urlaub, Reisen, familiäre Notfälle: Für alle Selbstverständlichkeiten und Ausnahmen musst du in Zukunft mitdenken. „Soll die Mieze in eine Pension gehen oder ist ein Nachbar, Verwandter oder Katzensitter bereit, sich um das Tier zu kümmern? Diese Fragen sollte man beizeiten beantworten“, gibt auch Judith Hein zu bedenken.
Nichts ist mehr sicher
Kommt bald Nachwuchs, ist klar, was zu tun ist: spitze Kanten polstern, Kindersicherungen anbringen, gefährliche Gegenstände verstecken. Bei der Adoption einer Katze ist das ein wenig anders. Es wird weniger darum gehen, sie vor der Wohnung zu schützen, als die Wohnung vor ihr. Denn zum Auspowern und Abreagieren müssen häufig Sofa und Co. herhalten.
„Letztendlich muss man sich fragen, ob man bereit ist, mögliche Schäden an Möbeln oder Tapeten in Kauf zu nehmen bzw. bereit ist, sich in einem solchen Fall professionelle Hilfe zu holen“, erklärt die Expertin. Denn auch, wenn du dir Kratzgelegenheiten zulegst, muss das nicht bedeuten, dass deine Wohnung verschont bleibt. Langeweile oder Reviermarkierungen wirst du in den seltensten Fällen verhindern können – selbst bei den liebsten Schmusekatern.
Problematisch wird es dann, wenn die teure Handtasche des Gastes oder das Autodach der Nachbarn zum Kratzbaum werden. Denn für Schäden, die dein flauschiger Mitbewohner anderen zufügt, musst du haften. Um unangenehme Überraschungen zu vermeiden, solltest du eine private Haftpflichtversicherung abschließen. Sie schützt im Fall der Fälle dich und deinen Geldbeutel.
Versteckte Kosten
„Ein weiterer wichtiger Punkt vor der Anschaffung ist die Überlegung, welche Kosten eine Katze verursacht“, weiß Judith Hein vom Tierheim Buchholz. Damit meint sie in erster Linie natürlich das Futter, aber auch die Erstausrüstung wie Kratzbaum, Transportkorb, Schlafkissen und/oder –höhlen und Spielzeug. Mit am häufigsten werden ihrer Erfahrung nach die medizinischen Kosten vergessen: Check-up, Impfungen oder sonstige Behandlungen. Gerade bei Katzen, die zuvor auf der Straße gelebt haben, kann das schnell ins Geld gehen. „Im Falle eines Unfalls kann auch einmal eine kostenintensive OP auf den Katzenhalter zu kommen“, warnt sie. „Dafür lohnt es sich im Zweifel eine Tier-Kranken- und OP-Versicherung abgeschlossen zu haben.“
Welche Katze passt zu mir?
Bevor es konkret an die Adoption deines Stubentigers geht, solltest du genau wissen, welche Katze auf Dauer zu deinem Alltag passt. Davon hängt im Zweifelsfall auch ab, ob du dir deinen Wunsch von süßen Katzenbabys erfüllen kannst oder ob es besser eine erwachsene Samtpfote werden sollte. Vier Fragen helfen dir herauszufinden, welche Katze wirklich zu dir passt.
Freigänger oder reine Wohnungskatze?
Möchtest du deinen flauschigen Mitbewohner lieber den ganzen Tag um dich haben oder bist du froh, wenn mal ein wenig Ruhe in deine vier Wände einkehrt? Gönnst du deiner Katze ihren Freiraum oder macht dir der Gedanke, nicht zu wissen, wo sie steckt, eher Angst? Nimm auch deine Wohnsituation genau unter die Lupe: Bietet die umliegende Gegend genügend Natur bzw. ist deine Wohnung geeignet für eine Wohnungskatze? Dabei kommt es nicht nur auf die Quadratmeterzahl oder die Erlaubnis des Vermieters an. „Bei reiner Wohnungshaltung freuen sich die meisten Katzen über einen gesicherten Balkon, von dem aus sie das Treiben draußen beobachten können“, erklärt Judith Hein vom Tierheim Buchholz.
Hast du diese Fragen für dich beantwortet, wirst du schnell merken, dass nicht jedes Tier zu deinen Ansprüchen passt. Zwar gibt es Freigänger bzw. Wohnungskatzen grundsätzlich von jeder Rasse, doch ihr Charakter ist individuell unterschiedlich. Einige Rassen eignen sich durch ihren geringeren Freiheitsdrang grundsätzlich besser als Stubenhocker. Dazu gehören zum Beispiel die Perser- oder Birma-Katze, Britisch Kurz- oder Langhaar oder die Kartäuser-Katze.
Deine Entscheidung wird darüber hinaus einige erwachsene Katzen ausschließen. „Es wäre Quälerei, ein Tier, das jahrelang Freigang genossen hat, in der Wohnung einzusperren“, stellt Hein klar.
Der Zeitfaktor spielt bei der Adoption der passenden Katze eine entscheidende Rolle. Verbringst du den Großteil deines Tages auf Arbeit oder bist regelmäßig länger unterwegs, empfiehlt die Expertin ein selbstständiges, älteres Tier. „Wenn man zuhause ist und viel Zeit für sie hat, dann dürfen es auch Kitten oder Jungtiere sein“, erklärt sie. Denn sowohl für eure Bindung als auch für den Haussegen ist es wichtig, dass Erziehung und Eingewöhnung in der ersten Zeit nicht zu kurz kommen. Lass dich also nicht von der Vorstellung süßer Katzenbabys dazu verleiten, eine Entscheidung zu treffen, die langfristig nicht die richtige wäre.
Wichtig: Kitten werden bei guten Tierheimen nur im Doppelpack vermittelt, wenn du nicht bereits eine Erstkatze besitzt. Denn kleine Kätzchen brauchen soziale Kontakte, um gesund und glücklich aufzuwachsen – entgegen dem Irrglauben sind Katzen nämlich keine Einzelgänger. Bei bereits sozialisierten, älteren Katzen ist eine Einzelhaltung nur dann ein Problem, wenn sie bisher in größeren tierischen Gemeinschaften gelebt haben.
Schmusetiger oder kleine Kratzbürste? Entscheidest du dich dafür, ein Doppelpack Katzenbabys zu adoptieren, erwartet dich meist eine Wundertüte. Denn Judith Hein hat in ihrer jahrelangen Tierheim-Erfahrung gelernt: „Bei einem erwachsenen Tier erkennt man den Charakter erheblich besser als bei kleinen Kätzchen.“ Auch im Falle von Verhaltensauffälligkeiten weißt du im Vorhinein, worauf was du dich einlässt – wenn du im lokalen Tierheim adoptierst. Dort hast du die Möglichkeit, sowohl Kitten als auch erwachsene Katzen erstmal kennen zu lernen. Dieser Vorteil bleibt dir bei einer Adoption aus dem Ausland natürlich verwehrt.
Im Tierheim werden nicht nur Katzen auf dich warten, die wissen, wie sich ein warmes Zuhause anfühlt. Viele von ihnen stammen von der Straße, was sie in der Vergangenheit erlebt haben, ist oft unklar. Einige haben sich so zu Angsttieren oder Eigenbrötlern entwickelt, andere haben sich gesundheitlich noch nicht davon erholt oder haben dauerhafte Einschränkungen davongetragen. Diese Tiere sind meist nur schwer vermittelbar und sollten tendenziell nur in erfahrene Hände abgegeben werden. Triffst du die Entscheidung, eine solche Katze zu adoptieren, musst du dir im Klaren darüber sein, was das bedeutet. Dir sollte bewusst sein, wieviel Zeit, Geld und Geduld du gewillt bist, zu investieren, um diesen Tieren ein liebevolles Zuhause zu schenken – und dass du zunächst keine Gegenleistung erwarten darfst.
Du bist noch unentschlossen, ob du doch zur Fraktion der Hundemenschen gehörst? Hier kannst du nachlesen, auf was du vor der Adoption und bei der Erziehung achten solltest.
So läuft die Adoption ab
Nicht in jedem Tierheim läuft eine Adoption exakt gleich ab. In den aller meisten Fällen erwarten dich jedoch folgende Schritte:
- Kontaktaufnahme
- Kennenlernen
- Vorkontrolle
- Formale Abwicklung inkl. Gebühr
- Nachkontrolle
Kontaktaufnahme
Die Kontaktaufnahme zum Tierheim deiner Wahl erfolgt in Pandemiezeiten meist online. Häufig kannst du dort bereits einen Blick auf Katzen werfen, die nach ihrem Für-immer-Zuhause suchen.
Kennenlernen
Entdeckst du bei den Samtpfoten ein paar Kandidaten, die du gerne näher kennenlernen würdest, fragst du einen Termin vor Ort an. „Bei uns können adoptionsinteressierte Menschen direkt in das jeweilige Katzenzimmer, mit den Tieren kuscheln, spielen und schauen, ob die Sympathie stimmt“, erklärt Judith Hein vom Tierheim Buchholz. Diese Möglichkeit solltest du unbedingt nutzen. Tierheimmitarbeiter können dir in den meisten Fällen Fragen zu Charakter, Verträglichkeit oder Vergangenheit beantworten.
Vorkontrolle
Du denkst, es passt? Perfekt! Damit ihre Schützlinge nicht in die falschen Hände gegeben werden, prüfen Tierheimmitarbeiter bei der Vorkontrolle, ob auch du die entsprechenden Voraussetzungen für eine Adoption erfüllst. Ein Besuch in deinen vier Wänden entscheidet, ob sie für den Einzug einer Katze geeignet sind.
Formale Abwicklung inkl. Gebühr
Du wirst als gerne gesehener Katzenhalter eingestuft? Dann steht einer Adoption nur noch die Zahlung der Schutzgebühr im Weg. Sie dient dazu, das unüberlegte Anschaffen eines Tieres zu verhindern und steht symbolisch für die Wertschätzung des Tierlebens. Die Höhe der Schutzgebühr variiert je nach Region und Tierheim, im Tierheim Buchholz von Judith Hein würde sie sich z. B. auf 130 Euro belaufen.
Nachkontrolle
Sobald dein flauschiger Mitbewohner die Möglichkeit hatte, sich einzuleben, erwartet euch ein erneuter Besuch der Tierheimmitarbeiter. Die Nachkontrolle soll abklären, ob es deinem Stubentiger gut geht, ob du zurechtkommst oder im Zweifelsfall Unterstützung brauchst. Natürlich kannst du dich auch vorher schon melden, wenn du auf Schwierigkeiten stößt.
Meistert ihr eure neue Wohnsituation erfolgreich, darfst du dich auf den letzten Schritt im Adoptionsprozess freuen:
Als frischgebackener Katzenelternteil eine Freundschaft für’s Leben schließen!