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Generation Beziehungsunfähig: Forever Alone?

„Single-Dasein ist einfach ein Lifestyle geworden. Alle denken: ‚Joa, könnte ja noch was Besseres kommen‘. Ich weiß nicht, wie lang ich das noch machen kann“, sagt Luis. „Genieß doch einfach mal dein Single-Leben. Wo ist denn das Problem?“, antwortet Tim. Fast schon tiefgründig beginnt der Trailer des neuen Kinofilms „Generation Beziehungsunfähig“, der auf dem gleichnamigen Buch von Michael Nast basiert. Wären nur die Blicke aufeinander gerichtet und nicht auf das Mario Kart-Spiel. Aber die Aussage stimmt nachdenklich: Jeder dritte Deutsche ist single. Woran liegt das? Hat die heutige Generation Probleme, feste Beziehungen einzugehen und wird diese Beziehungsunfähigkeit durch Kontaktbeschränkungen in Pandemie-Zeiten verstärkt?

Lisa Vogt Redakteurin JetztLosleben VGH
von Lisa Berendes18 August, 2021
Junger Mann wartet im Regen vor einem Kiosk
Das Wichtigste in 60 Sekunden

Seit 29. Juli läuft der Film „Generation Beziehungsunfähig“ im Kino. Kurz zusammengefasst: Die Singles Tim und Ghost wollen nichts Festes und treffen sich nur für unverbindlichen Sex – bis Tim sich verliebt und es kompliziert wird. Beziehungsunfähigkeit ist seit der Veröffentlichung der gleichnamigen Buchvorlage von Michael Nast in aller Munde. Er erzählt von einer Generation, die sich selbstverwirklichen möchte, unendlich viele Dates haben kann und ständig auf der Suche nach etwas Besserem ist. Aber das heißt nicht, dass du beziehungsunfähiger als deine Großeltern bist. Stattdessen hast du heute mehr Freiheiten und Ansprüche an eine Beziehung. Bindungsängste gab es bereits früher und sie haben ihren Ursprung häufig in der Kindheit. Wenn sich eine Person zurückzieht, solltest du nicht versuchen, sie zu verändern, um Enttäuschungen zu vermeiden. Stattdessen kannst du dich mit deinen eigenen Bedürfnissen auseinandersetzen, um glücklicher in einer Beziehung zu werden.

Das Ego lässt keinen Platz für eine Beziehung

Auf den ersten Blick wirkt es wie ein Liebesfilm wie viele andere: Junge trifft Mädchen. Junge verliebt sich in Mädchen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten kommt es schließlich doch zum Happy End.
Oder etwa nicht? Tim und Ghost möchten beide keine Beziehung, stattdessen Sex ohne Verpflichtungen – und sobald es zu kompliziert wird, gehen sie lieber getrennte Wege. Das ist neu. Nun gut, so neu auch wieder nicht. Immerhin erzählte Michael Nast bereits 2016 in seinem Buch „Generation Beziehungsunfähig“ von Freunden und Bekannten, die sich selbst als nicht beziehungsfähig beschreiben. Die Gründe dafür können unterschiedlich sein: Selbstverwirklichung, Voranstellung des Berufs oder das Gefühl, etwas zu verpassen. Die Gemeinsamkeit ist, dass es meist nicht über das erste Date hinaus geht.
Auch im Film genießen Tim und Ghost ihre Freiheit, suchen nichts Verbindliches und sind sich deshalb schnell einig, dass es nur um Sex geht. Aus einem Date wird noch eins. Und noch eins. Und noch eins. Bis Tim feststellt, dass er sich verliebt hat. Auf die Frage seiner jüngeren Nichte, warum er Ghost nicht seine Liebe gesteht, antwortet er einfach nur: „Damit sie nicht ‚Nö‘ sagt“. Ist Beziehungsunfähigkeit am Ende mehr als nur eine große Portion Ego? Ist es die Angst, verletzt oder abgewiesen zu werden?

Macht uns Online-Dating beziehungsunfähiger?

Michael Nast sieht sich weniger als Experte für Beziehungen, sondern als einen guten Beobachter mit einem großen Bekanntenkreis. Seine Texte sind aus dem Leben gegriffen und erzählen auf humorvolle Art von den Schwierigkeiten des Single-Lebens. Kein Wunder, dass der Server, auf dem sein Text „Generation Beziehungsunfähig“ erstmals veröffentlicht wurde, bereits am ersten Abend zusammenbrach. Michael Nast trifft einen Nerv. Vielleicht erkennst du dich, Freunde oder Kollegen sogar in bestimmten Verhaltensmustern wieder? Zum Beispiel bei Tinder: Hast du dich schon mal beim stundenlangen Swipen durch die Dating-App erwischt? Dates sind nur einen Klick entfernt – und damit so einfach wie noch nie. So auch bei einem Bekannten des Bestsellerautors. „Er konsumiert die Frauen nur noch. Dates sind nichts Besonderes mehr, sie sind austauschbar“, schreibt Michal Nast. Online-Dating wird zum Online-Shopping. Menschen werden zu Produkten. Hauptsache keine Verpflichtung – und damit auch keine Möglichkeit, enttäuscht zu werden.

Mehr Singles in der Pandemie 

Zu Recht stellt sich die Frage, ob es Singles in Pandemie-Zeiten am schwersten trifft. Wird Beziehungsunfähigkeit durch Kontaktbeschränkungen sogar verstärkt? Während Paare in Beziehungen einander haben, stehen Singles zunächst allein da. Und trotzdem verzeichneten Dating-Apps einen Anstieg der Nutzerzahlen. Das kann daran liegen, dass Menschen sich gerade jetzt nach Kontakt sehnen – wenn nicht im realen Leben, dann immerhin virtuell. Aber Bumble verkündete, dass 15 Prozent der angemeldeten Personen in Deutschland frisch getrennt sind. Grund dafür: die Pandemie. Beziehungen, die bisher funktioniert haben, gehen in die Brüche. Plötzlich wird über Kleinigkeiten gestritten, die früher kein Thema waren. Man könnte argumentieren, dass es auch ohne die Pandemie so gekommen wäre – nur etwas später. Und doch ist es ironisch, dass Bindungen, die uns durch die Krise helfen sollten, diese nicht überstehen. Sind wir am Ende alle beziehungsunfähig?

Freunde sitzen in der Küche und quatschen
Bild Warner Bros. / Tom Trambow
Mann und Frau umarmen sich kurz vor dem Kuss
Bild Warner Bros. / Tom Trambow
Junge Frau trinkt einen Schnaps
Bild Warner Bros. / Tom Trambow
Junger Mann gibt junger Frau einen Handkuss
Bild Warner Bros. / Tom Trambow

Beziehungsprobleme gab es auch früher

Falls du schon länger single bist und dich jetzt fragst, ob du beziehungsunfähiger als deine Großeltern bist, kommt hier die Entwarnung. Denn laut Psychologin Stefanie Stahl gibt es die „Generation beziehungsunfähig“ nicht. Im Gegenteil: Menschen hatten auch früher schon Probleme. Das Einzige, das sich geändert hat, sind die gesellschaftlichen Strukturen. „Heutzutage trennen sich Paare zwar öfter und auch schneller, aber nicht, weil die Menschen weniger beziehungsfähig sind, sondern weil die Ansprüche an die Beziehungsqualität gestiegen sind“, schreibt sie in ihrem Buch „Jeder ist beziehungsfähig“. Zum Beispiel hat die finanzielle Unabhängigkeit der Frau dafür gesorgt, dass heute viele Scheidungen von weiblichen Personen eingereicht werden. Das bedeutet auch: Altersvorsorge ist heute mehr als nur reich zu heiraten. Denn wer eine glückliche Beziehung führen möchte, muss auch die Möglichkeit haben, die Reißleine zu ziehen. Deshalb lohnt es sich, schon in jungen Jahren an die eigene Rente zu denken. Du zahlst dann nicht nur weniger, sondern bist finanziell unabhängig und kannst dich zukünftig auf das konzentrieren, was wirklich zählt: wie gut es zwischen euch zweien passt. 

Privat-RenteDamit du später nicht allein dastehst.

Gibt es sie trotzdem, die Beziehungsunfähigen?

Während unsere Generation sehr wohl beziehungsfähig ist, wird es immer Menschen geben, die Bindungen nur schwer zulassen können. Starke Bindungsängste müssen nicht selten therapiert werden. Denn sie betreffen nicht nur romantische Beziehungen im eigenen Leben. Menschen mit Bindungsproblemen fällt es grundsätzlich schwer, Beziehungen in irgendeine Richtung aufzubauen. Stefanie Stahl sieht den Ursprung meist in der Kindheit: Eine schwierige Beziehung zu den Eltern, die ihre Liebe an Erwartungen knüpfen, kann später zu Freiheitsdrang und Rückzug in Beziehungen führen. Weil doch immer das Gefühl bleibt: So wie du bist, reichst du nicht. Da wird das Ganze lieber gleich gelassen. Diese Art von Bindungsschwierigkeiten betreffen dreißig bis vierzig Prozent von uns – sie sind also keine Seltenheit. Dass wir trotzdem nicht alle single sind, ist leicht erklärt: Nur weil man Angst hat, sich zu binden, bedeutet das nicht, dass man es niemals tun wird. Zum Glück.

Begriffsdefinition: Ghosting

Das erste Date lief gut, aber danach meldet sich die Person nie wieder. Keine Nachricht, kein Anruf und erst recht kein persönliches Treffen – die Person verschwindet wie ein Geist aus dem Leben. Dieser plötzliche Kontaktabbruch nennt sich Ghosting und ist ein Massenphänomen des digitalen Zeitalters. Die Gründe dafür können vielseitig sein: von Desinteresse oder emotionaler Unreife bis hin zu Bindungsängsten und Vertrauensproblemen.

Tipps für eine funktionierende Beziehung

Was kannst du also das nächste Mal tun, wenn dir dein Date sagt „Ich finde dich echt toll, aber ich bin beziehungsunfähig“? „Die Finger davon lassen“, sagt Stefanie Stahl. Personen, die sich selbst als beziehungsunfähig bezeichnen, haben offensichtliche Bindungsängste und zeigen das. Auf keinen Fall sollte man versuchen, die Person zu ändern – im schlimmsten Fall zieht sie sich nur weiter zurück. Am Ende macht das vor allem dich unglücklich.

Viel wichtiger ist es doch, was du von einer Beziehung möchtest. Wenn du dich also fragst, warum es bei dir bisher noch nie lange mit einem Partner geklappt hat, solltest du erstmal dich und deine Bedürfnisse besser kennenlernen. In seinem neuesten Buch „Generation Beziehungsunfähig. Die Lösungen“ kommt Michael Nast zu der Selbsterkenntnis, dass Beziehungsunfähigkeit vor allem eine fehlende Beziehung zu sich selbst ist. Er kann sogar der Pandemie etwas Positives abgewinnen: „Menschen nutzen die Zeit, um zu reflektieren, was ihnen im Leben wichtig ist“. Das macht Hoffnung auf ein Happy End – wie im Film. Ob es ein Happy End für Tim und Ghost gibt, erfahrt ihr seit 29. Juli im Kino.

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