„One and Done“: Immer mehr junge Eltern wollen nur ein Kind
Aktuell wächst fast jedes zweite Kind in Deutschland ohne Geschwister auf. Vor zehn Jahren war es nur jedes vierte. Und immer mehr Eltern haben die Entscheidung für ein Einzelkind ganz bewusst getroffen. „One and Done“ nennt man diesen Trend in den USA. Die Beweggründe sind vielseitig: Für manche ist es eine finanzielle Entscheidung, andere möchten sich einfach vollkommen auf das eine Kind konzentrieren. Manchen macht die Klimakatastrophe Sorgen, andere möchten kein zweites Mal schwanger werden oder haben gesundheitliche Bedenken.
Vorurteile besser loslassen
Ob selbst gewählt oder nicht: Einzelkinder und ihre Eltern werden in unserer Gesellschaft noch immer kritisch gesehen. Die Kinder sind angeblich egoistisch, verwöhnt und wenig belastbar. Einzelkinder-Eltern geraten viel schneller unter Verdacht, Kontrollfreaks oder Helikoptereltern zu sein, als Eltern von mehreren Kindern. Diese Wahrnehmung fußt jedoch weniger auf Fakten als auf einem Bauchgefühl: „Das kann doch nicht gut sein …“. Laut dem Erziehungswissenschaftler Tamás Kürthy (†1994), der 1989 die erste große deutsche Einzelkind-Studie durchführte, wachsen Kinder ohne Geschwister meist sogar zu sozialeren, optimistischeren, leistungsbewussteren und erfolgreicheren Menschen heran als Geschwisterkinder. Der Psychologe Michael Dufner und sein Team von der Universität Witten/Herdecke veröffentlichten 2020 im Fachjournal Social Psychological and Personality Science eine Studie zur Wahrnehmung von Einzelkindern. Die Wissenschaftler beobachteten, dass geschwisterlos aufgewachsene Menschen eher narzisstische Tendenzen unterstellt werden – allerdings vorzugsweise von Menschen mit Geschwistern. Die Analyse einer Stichprobe mit etwa 2000 Teilnehmern widerlegte diese Einschätzung jedoch: Das Level des Narzissmus von Einzel- und Geschwisterkindern ließ sich nicht voneinander unterscheiden.




Viel Last für ein paar Schultern
Was Freunde allerdings nur in den seltensten Fällen auffangen können, ist die Verantwortung für die Eltern. Sind diese später krank, brauchen Pflege oder anderweitige Betreuung, dann muss sich das Einzelkind meist ganz allein darum kümmern. Eine große Belastung, vor allem, wenn die Familie nicht in der gleichen Stadt wohnt. Wer seinem Kind einen Teil dieser Last nehmen möchte, sollte über eine Pflegeversicherung nachdenken. Ein Schicksalsschlag kann jeden treffen, ob Unfall, schwere Erkrankung oder ein anderes Leiden im Alter. Und wenn das eigene Einkommen oder die Rücklagen für die Betreuung nicht ausreichen, sind die nächsten Angehörigen gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet. Mit einer Pflegeversicherung erwartet den Nachwuchs keine böse Überraschung – das gilt natürlich nicht nur für Einzelkinder. Auch wenn Geschwister da sind, wirkt ein solcher Versicherungsschutz entlastend.

Einzeln heißt nicht einsam
Trotzdem wird auch den Eltern von Einzelkindern oft Egoismus vorgeworfen: Es sei doch schrecklich, ein Kind so ohne Spielkameraden aufzuwachsen zu lassen. Klar, ohne Geschwister muss sich das Kind öfter mit sich selbst beschäftigen. Die Eltern können aber viel dafür tun, dass ihr Nachwuchs auch ohne Geschwister in regen Kontakt mit anderen Kindern kommt. Es wird empfohlen, Einzelkinder schon früh in Kita, Kindergarten, Sportverein und Co. zu schicken. Und wenn die Freunde dann auch noch oft zu Besuch kommen dürfen, dann ist das Einzelkind alles andere als einsam.
Pro & Contra für „One and Done”
Pro | Contra |
- Das Einzelkind bekommt die ungeteilte Aufmerksamkeit der Eltern. | - Einzelkinder können sehr auf die Eltern fixiert sein. |
- Die Eltern haben mehr Zeit, auf die Bedürfnisse des Einzelkindes einzugehen. | - Ihnen fehlt ein nicht erwachsener „Verbündeter“ im Haushalt. |
- Das Familienleben bleibt flexibler. | - Laut Studien macht ihnen eine Scheidung der Eltern mehr zu schaffen. |
- Einzelkinder sind meist selbstständiger. | - Wenn die Eltern krank werden oder Pflege brauchen, sind Einzelkinder allein zuständig. |
- Einzelkinder lernen schneller, Freundschaften zu schließen. | - Oft haben Eltern hohe Erwartungen an ihr einziges Kind. |
- Es wird keine große Wohnung oder ein großes Auto gebraucht. | - Nur er oder sie kann die Eltern zu Großeltern machen. |
- Einzelkinder spielen oft allein, das fördert die Kreativität. | |
- Ihr Verhältnis zu den Eltern ist oft inniger. |

Ideal gibt es nicht
Egal ob Einzel- oder Geschwisterkind: Die perfekte Familienplanung wird es niemals geben. Alles hat seine Vor- und Nachteile, wie so oft im Leben. Wichtig ist aber, dass Einzelkindfamilien in der Gesellschaft mehr Akzeptanz erfahren und vor allem die Kinder nicht mehr unter den Vorurteilen leiden.
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