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Leben als Digitale Nomaden: Wir sind dann mal weg…

Vor Kurzem haben Lina und Lennart an dieser Stelle über den Ausbau ihres Campers berichtet. In ihrem kleinen Zuhause auf Rädern reisen sie nun schon seit mehr als drei Monaten durch Europa. Aktuell sind sie in Spanien. Dort haben wir sie angerufen und uns erkundigt: Wie lebt und arbeitet es sich von unterwegs?

von Lennart und Lina20 Juli, 2021
Leben als Digitale Nomaden

JetztLosleben: Wann und warum habt ihr den Entschluss gefasst, ortsunabhängig zu leben und zu arbeiten?

Lina: Ich habe vier Jahre studiert und mir meine Hausarbeiten immer so aufgeteilt, dass ich in den Semesterferien trotzdem noch zwei Monate reisen konnte. Es gefiel mir, mein eigener Chef zu sein, meinen Tag selbst zu planen und trotz Studium neue Orte und Menschen kennenlernen zu können. Schon während der Unizeiten habe ich Ideen für die Zukunft gesammelt, wie zum Beispiel den Aufbau eines eigenen Blogs. Dank unseres Camperausbaus hatten wir dann die Möglichkeit, mit Hund und einem eigenen Zuhause von unterwegs zu arbeiten. Für mich war das ein großer Schritt in ein selbstbestimmtes und freies Leben. 

Vanlife Influenzier aus Niedersachsen Lina und Lennart

Lennart: Ich brauchte eine Veränderung. Mein Beruf in der Immobilienbranche erfüllte mich nicht mehr und die Motivation etwas Neues auszuprobieren war riesig. Die Möglichkeit, ortsunabhängig zu leben und zu arbeiten, reizte mich sehr. Vor etwa einem Jahr wurden die Pläne dann immer konkreter und wir beschlossen unser neues Vorhaben umzusetzen.

JetztLosleben: Ihr habt Job und Wohnung gekündigt, um auf unbestimmte Zeit unterwegs zu sein. Was reizt euch an diesem Lebensstil? 

Lina: In einem festen Arbeitsverhältnis sehen die Arbeitstage meistens gleich aus. Es gibt oft feste Arbeitstage und Kernarbeitszeiten. Wir wollten die Freiheit haben nach unserer Gesundheit und unserem Empfinden zu arbeiten. Ich kann mir beispielsweise bei starken Unterleibschmerzen freinehmen, Lennart, wenn er Migräne hat. Wenn wir an überraschend schönen Orten ankommen, können wir auch mal an einem Dienstag tagsüber wandern gehen und dafür die Projekte am Wochenende weiterbringen. Wir haben uns diese Art des Lebens frei und impulsiv vorgestellt. Natürlich gehört auch eine Portion Disziplin dazu, darauf haben wir uns eingestellt.

JetztLosleben: Wie bereitet man sich auf eine solche Lebensumstellung vor?

Lennart: Die Vorbereitungen für ein ortsunabhängiges Leben und Arbeiten hängen vom genauen Vorhaben ab. Die eigene Gesundheit sollte dabei an erster Stelle stehen. Bei chronischen Krankheiten beispielsweise muss für die Medizin gesorgt sein. Eine Reisekrankenversicherung ist für uns unverzichtbar. Bei einer Reise mit Kindern oder Hunden gibt es natürlich noch mehr Sachen zu bedenken. Ein weiterer Aspekt sind die Finanzen. Es sollte genug Geld gespart sein, um die monatlichen Kosten bei Krankheit oder unerwarteten Vorkommnissen decken zu können. Wir haben zusätzlich unsere laufenden Kosten minimiert und sind beispielsweise aus Sportvereinen ausgetreten. Auch der Zielort entscheidet über zusätzliche Vorbereitungen: Wenn man mit dem Camper in der Mongolei reisen möchte, müssen viele Dinge beachtet werden, wie beispielsweise Ersatzteile und ein großer Wassertank. In Europa braucht man nicht zwingend ein komplettes Ersatzteil-Set, da Werkstätten schneller erreichbar sind. 

JetztLosleben: Gerade viele junge Menschen spüren schon nach kurzer Zeit im Job den Drang, aus dem Hamsterrad auszusteigen und eine Auszeit zu nehmen. Was glaubt ihr, woher kommt dieser Wunsch?

Lina: In unserer Gesellschaft stehen Zahlen wie beispielsweise Noten oder das Gehalt häufig im Vordergrund. Die eigenen Bedürfnisse und der gesundheitliche Zustand kommen meist erst danach. Junge Menschen sehnen sich daher nach Verständnis, Zeit für sich selbst und mehr Entscheidungsfreiheit. Wir hören von vielen, dass sie nur für das nächste Wochenende oder den nächsten Urlaub arbeiten. Bei einer längeren Auszeit kann man sich den eigenen Bedürfnissen widmen, die im klassischen Hamsterrad zu kurz kommen. Schon in der Schule, im Studium oder bei der Ausbildung prägt uns der Leistungsdruck. Eine Auszeit lässt einen durchatmen und runterkommen. Durch so eine Pause können neue Ideen entstehen oder Erkenntnisse aufkommen.

Ich bin jetzt 30 Jahre alt und kann meine Energie voll auskosten.Lennart

JetztLosleben: Inwiefern kann eine Auszeit bereits in jungen Jahren sinnvoll sein?

Lina: Nur bei wirklicher Ruhe können die eigenen Bedürfnisse entdeckt werden. Was brauche ich? Was möchte ich? Wenn man direkt nach der Schule und einem Studium oder einer Ausbildung in einen Job einsteigt, bleibt wenig Zeit für sich selbst. Wer sich eine Auszeit nimmt, hat die Chance, neue Sachen kennenzulernen und auszuprobieren, wie beispielsweise an einem neuen Ort zu leben oder eben eine längere Reise zu machen. Dazu kommt, dass man Dinge nicht auf später verschieben sollte. Vielleicht ist man später aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr dazu in der Lage.

Lennart: In meinem damaligen 40-Stunden-Job hatte ich keinen freien Kopf. Es war nicht mehr viel Platz für mein privates Leben. Der Energievorrat wurde zu 80% bei der Arbeit ausgeschöpft. Durch die Entscheidung für eine Auszeit habe ich wieder mehr Zeit für mich. Ich bin jetzt 30 Jahre alt und kann meine Energie voll auskosten. 

JetztLosleben: Wie hat euer Umfeld auf die Entscheidung für ein Fulltime-Vanlife reagiert? 

Lina & Lennart: Unterschiedlich. Viele hat es nicht überrascht, da wir beide schon immer sehr viel am Reisen waren. Tatsächlich haben sich die meisten Menschen in unserem Umfeld sehr für uns gefreut. Die älteren Generationen haben uns über Rente und Absicherung ausgefragt. Das Verständnis für unsere Entscheidung war dort teilweise etwas weniger da. Manche haben uns positiven Neid ausgesprochen und andere haben es als sehr mutig empfunden.

JetztLosleben: Gibt es ein Ziel eurer Reise oder einen Zeitpunkt, zu dem ihr wieder zurück sein werdet? 

Lina: Unsere Reise ist unser großes Ziel. Wir sind also mitten drin. Jeden Tag am Meer aufzuwachen und in der Arbeitspause am Strand zu laufen ist genau das, wonach wir uns gesehnt haben. Langfristig planen wir diesmal nicht. Wir möchten unsere Reise nutzen, um im hier und jetzt zu leben. Wir werden sehen, wo die Reise hingeht und welche Möglichkeiten sich ergeben. Sorgen machen wir uns keine, da wir ein großes Privileg genießen dürfen. Als deutsche Staatsbürger können wir in fast jedem Land arbeiten, dafür sind wir sehr dankbar.

Digitale Nomaden arbeiten von unterwegs
Lina beim ortsunabhängigen Arbeiten
Leben und Arbeiten von unterwegs
Leben als digitale Nomaden

JetztLosleben: Wie finanziert ihr das aktuelle Vanlife?

Lennart: Finanziell gesehen können wir durch Ersparnisse ein Jahr lang reisen. Durch unsere Selbstständigkeit erarbeiten wir uns aber einen längeren Zeitraum. Über Kooperationen auf Instagram haben wir unser erstes Geld von unterwegs verdient. Jetzt sind wir gerade dabei eine Website aufzubauen, da wir über Content Creation Geld verdienen möchten. Eine Firma kann uns also beauftragen, Bilder und Videos für deren Website oder Social-Media-Kanäle zu produzieren. Auf unserer Website wird auch ein Blog entstehen. Dort werden wir ebenfalls ausgewählte Kooperationen veröffentlichen, um dadurch Geld zu verdienen. Wir arbeiten an weiteren Ideen, die aber noch nicht spruchreif sind.

JetztLosleben: Wie sollte man sich absichern, wenn man ortsunabhängig arbeitet und lebt? 

Lina: Bei der Auswahl der Versicherungen haben wir uns vorab gut informiert. Für uns ist eine Auslandskrankenversicherung unverzichtbar. Wir beide haben noch eine Zahnzusatzversicherung, die ist aber nicht zwingend notwendig. Wir haben sie unabhängig von der Reise abgeschlossen. Für unsere Hündin Fiby besteht eine Hundehaftpflichtversicherung und dazu eine Operationsversicherung, die ebenfalls optional ist. Bei unserem Camper haben wir uns für eine Vollkaskoversicherung entschieden inklusive entsprechendem Auslandsschutz. Bei Lennart laufen zudem die privaten Rentenversicherungen weiter. 

ReisekrankenversicherungOb Weltreise oder Kurztrip - ärztliche Hilfe kann im Ausland schnell teuer werden

JetztLosleben: Beschreibt doch mal euren Alltag: Wie sieht ein typischer Tag bei euch aus?  

Lennart: Unser Tag startet nicht wie früher um sechs Uhr, sondern zwischen acht und neun Uhr. Wir arbeiten an unterschiedlichen Orten und genießen dadurch die schönste Natur von unserem Arbeitsplatz aus. In unseren Pausen springen wir ins Wasser oder spielen eine Runde Beachball mit unseren Campernachbarn. Jetzt im heißen Sommer arbeiten wir auch mal spät abends, wenn sich die Temperaturen abgekühlt haben. Es gibt Tage, an denen wir sehr viel und lange arbeiten und wiederum Tage, an denen wir sehr wenig arbeiten. Im Gegensatz zu früher können wir also bedürfnisorientierter arbeiten.

JetztLosleben: Welche Herausforderungen bringt diese Art des Arbeitens mit sich, für wen ist sie geeignet?

Lennart: Diese Art des Arbeitens ist von Eigeninitiative und Disziplin geprägt, wobei das auf jede Selbstständigkeit zutrifft. Da uns niemand zur Projektabgabe zwingt, sind wir allein für unsere Leistung zuständig. Der Wille muss allerdings groß genug sein, um Versuchungen wie schönen Wanderungen, Partys oder Strandtagen zu widerstehen. Es ist also wichtig „nein“ sagen zu können. Für Menschen, die einen geregelten und strukturierten Alltag mit klaren Anweisungen brauchen, ist das Arbeiten von unterwegs nicht das Beste. Viele ungeplante Ereignisse können den Tagesablauf stören und es ist ein hohes Maß an Flexibilität notwendig. Für uns ist eben genau diese Flexibilität das Schöne, da kein Tag dem anderen gleicht.

Lina: Diese Art zu arbeiten ist also für Menschen geeignet, die gerne selbst planen und Entscheidungen treffen. Wenn man dazu gerne unterwegs ist, neue Orte und Menschen kennenlernen möchte und viele Ablenkungen ignorieren kann, ist es genau das Richtige.

JetztLosleben: Was unterscheidet das aktuelle Leben von eurem damaligen Leben?

Lina: Wir haben deutlich weniger Platz in unserem Zuhause auf Rädern. Das bedeutet eine kleinere Fläche zum Aufräumen, die wiederum aber auch schneller unordentlich wird. Unseren Wasserkanister müssen wir regelmäßig auffüllen und darauf achten, dass unsere Solaranlage genug Strom produzieren kann. Eine warme Dusche und richtig frische Klamotten gibt es jetzt nur noch selten. Wir achten sehr auf eine kosten- und ressourcensparende Lebensweise. Für die schönen Landschaften und die täglichen Abenteuer nehmen wir diese Veränderungen aber gerne in Kauf. Ansonsten lernen wir viele Gleichgesinnte kennen, die wie wir das selbstbestimmte Leben bevorzugen. Wir verbringen den ganzen Tag draußen in der Natur und unser Camper „Giu“ ist dabei stets unser Rückzugs- und Ruheort.

Jetzt fühlt sich jeder Feierabend wie Urlaub an.Lina

JetztLosleben: Ihr seid jetzt schon einige Monate unterwegs. Merkt ihr bereits, dass das „Unterwegssein“ euch verändert?

Lennart: Es ist jetzt knapp drei Monate her, dass ich 40 Stunden in der Woche gearbeitet habe. Ich bin seitdem viel kreativer und aufmerksamer geworden. Ich bekomme täglich neue Ideen und zum ersten Mal in meinem Leben lese ich gerne Bücher. So simpel das klingt – mir bedeutet das sehr viel. Früher haben mich meine Gedanken und die mangelnde Konzentration nach der Arbeit abschweifen lassen. Ich habe jetzt auch mehr Zeit für Sport, Austausch mit anderen und vor allem für mich. Dazu haben Lina und ich ein gemeinsames neues Hobby gefunden: das Wandern. Früher hatte ich dazu keine Zeit, Lust und Kraft.

Lina: Durch mein Studium habe ich meinen Tag schon immer selbst geplant und war für meine Aufgaben und meine Leistung selbst zuständig. Das ich jetzt weiterhin meine eigenen Entscheidungen treffen kann und noch dazu Geld verdiene macht mich sehr glücklich und dankbar. Ich hatte immer Angst davor, das ganze Jahr nur auf drei Wochen Urlaub hinzuarbeiten. Jetzt fühlt sich jeder Feierabend wie Urlaub an.

JetztLosleben: Was vermisst ihr? 

Lina: Wir vermissen unsere Freunde und unsere Familien. Und unsere Waschmaschine. Sonst eigentlich nichts! Unsere Vorstellungen wurden tatsächlich positiv übertroffen. 

JetztLosleben: Worauf sollte man achten, wenn man ein Leben als Digitaler Nomade beginnt? 

Lina & Lennart: Zunächst sollte ein Verständnis für die Online-Welt vorhanden sein. Es ist von Vorteil, wenn man sich vorab gründlich informiert wie einzelne Bereiche (z.B. Online-Marketing) und Strukturen bei der Arbeit im Internet ablaufen. Dann stellt sich natürlich die große Frage, was man genau machen möchte. Durch die Digitalisierung gibt es zum Glück eine sehr große Auswahl an Tätigkeiten und Aufgaben. Als Digitaler Nomade arbeitet man von unterwegs, also muss man sich entscheiden, wie man reisen möchte. Freunde von uns sind 2017 ohne festen Wohnsitz durch Asien gereist und haben somit an den verschiedensten Arbeitsplätzen, wie zum Beispiel an einem städtischen Co-Workingspace gearbeitet. Seit diesem Jahr leben sie, wie wir, Vollzeit in einem selbstausgebauten Campervan. In unserem rollenden Zuhause haben wir unseren Arbeitsplatz nun auch immer direkt bei uns. Eine ausreichende Internetverbindung und eine regelmäßige Stromquelle sollten dabei bedacht sein.

JetztLosleben: Gibt es schon einen Plan für „danach“? Wo seht ihr euch in fünf Jahren?

Lennart: Fest steht: wir werden immer viel reisen. Da sind wir uns sicher. Allerdings können wir es uns beide gut vorstellen, ein kleines Haus in der Natur mit Strandnähe als Base zu besitzen. Auch ein Tinyhouse können wir uns sehr gut vorstellen. Vielleicht sogar auf einem Gemeinschaftshof. Von dort aus möchten wir dann weiterhin reisen und online Geld verdienen. Wir könnten allerdings auch mal temporär an einem Ort arbeiten. Wann das soweit sein wird, wissen wir aber nicht.

Lina: Auch in fünf Jahren werden wir beide noch sehr sparsam und minimalistisch leben. Wir brauchen keine teuren Autos oder eine Designerküche. Wir geben unser Geld für hochwertige Lebensmittel, unsere Gesundheit im Alter und unsere Reisen aus.

JetztLosleben: Kann man ein Leben lang so leben? 

Lina & Lina: Solange es einen glücklich macht, definitiv! 

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